In Mother´s Hanbok
Curator:
Tristan Lorenz
Galerie Tristan Lorenz, Frankfurt a.M. - Germany
Vermutlich, sagt Helena Parada Kim, habe ihre Malerei ihren Ausgang an jenem Tag genommen, „als meine Mutter Korea verließ“. Das war 1965. Eine bemerkenswerte Aussage für eine junge Künstlerin, die erst siebzehn Jahre später in Köln das Licht der Welt erblickte. Und doch erscheint sie alles andere als absurd angesichts der Ausstellung „In Mother´s Hanbok“, mit der sich die Meisterschülerin von Peter Doig nun erstmals in der Galerie Tristan Lorenz vorstellt.
Dabei sind es zuvörderst Parada Kims Motive, die eine solche Haltung evident erscheinen lassen. Zahlreiche ihrer Gemälde zeigen traditionelle koreanische Kleidung wie den titelgebenden, selbst in Korea freilich längst aus dem Alltag verschwundenen Hanbok. Die Kleidungsstücke sind vor meist scheinbar nachlässig aufgetragenen monochromen Hintergründen zu sehen. Doch das Thema der Weke ist im Kern das klassische Porträt der europäischen Kunstgeschichte. Das gilt selbst dort, wo, wie in den Arbeiten „Seung-Za“ oder „Frau You“, erkennbar niemand in den Kleidern steckt.
Im Grunde steht diese Malerei für eine Form des biographischen Erzählens, für die Aneignung eigener Vergangenheit und das Einüben in eine Tradition, die Parada Kim selbst nur vom Hörensagen kennt, von ihrer Tante, ihrer Großmutter, ihrer Mutter vielleicht, die das damals rückständige Korea verließ, um in Deutschland als Krankenschwester zu arbeiten.
So weit, so konventionell. Vergleichbare Strategien hat man in den vergangenen Jahren schon gelegentlich gesehen. Doch wie Parada Kim das macht, wie sie den seidenen Hanbok, einer Kunstfaser oder der traditionellen Malerei auf einem Paravent Ausdruck zu verleihen versteht, ist ein nachgerade sinnliches Vergnügen.
Die malerisch aufregendsten Arbeiten sind allerdings die, in denen die Illusion beinahe mutwillig gebrochen scheint, so wie in den Ölstudien auf Papier und dem großformatigen „Alles Gute den Zwei Schwestern“ aus diesem Jahr. Es ist ein schon vielfach variiertes Motiv im Werk der jungen Künstlerin, das mit dem Abschied der Mutter aus Korea auf eine vergleichsweise rohe, ja unfertig anmutende Weise jenes Thema formuliert, um das sich seit Düsseldorfer Akademiezeiten alles dreht im Werk der Tochter eines Spaniers und einer Koreanerin: die Suche nach der eigenen Identität. Ein großes, womöglich kaum zu bewältigendes Thema. Und doch, als Malerin hat Parada Kim das, was sie sucht, offenkundig schon gefunden.
Christoph Schütte, Frankfurter Allgemeine Zeitung