Helenes Room
Curators:
Eiskellerberg, Düsseldorf - Germany
Der Weg in ihr Atelier führt über knarzende Treppen hoch hinauf. Ziemlich außer Puste kommt man oben an, wird aber sogleich mit einem der schönsten Rundum-Ausblicke auf die gegenüberliegende Kunstakademie, den Hofgarten und den Rhein belohnt. Das Ende des 19. Jahrhunderts errichtete, im Volksmund „Hungerturm“ genannte Atelierhaus (der Legende nach riefen einst Mütter ihren Kindern zu, sie sollten die Butterbrote verstecken, wenn die „hungrigen Maler“ kommen) war seit den Anfängen das Domizil zahlreicher Künstler, darunter Otto Dix in den 1920er Jahren.
Vor fünf Jahren hatte Helena Parada, die 1982 in Köln geborene Tochter eines Spaniers und einer Koreanerin, das „große Glück“, in eines der Ateliers am Eiskellerberg 1 einzuziehen. Schon früh hat sich die Meisterschülerin von Peter Doig auf figurative Malerei spezialisiert. Es sind in erster Linie Künstler, Musiker, Maler und Poeten, die sie als „Chronistin eines Zeitgeistes“ mit Ölfarben auf Leinwand, auf Holz oder auf Papier portraitiert.
Bereits zu Beginn ihres Studiums fiel die heute 31-Jährige durch ihre Porträt-Studien von Kommilitonen auf. Und weil ihr Atelier so etwas wie das Wohnzimmer der Akademie ist und man sich dort regelmäßig zu Filmabenden trifft, kamen immer mehr Studenten als Modelle, darunter auch ihr Lehrer ins Bild. Ganz aktuell sind die Studien und das fast zwei Meter große Ölgemälde, das die „Enkel von Kraftwerk“, das Elektronik-Trio „Stabil Elite“, zeigt.
So steht Katrin, Kellnerin in der „Roten Laterne“, an der Theke wo die Bardame von Édouard Manet im Folies-Bergère. Dem Lyriker Durs Grünbein beispielsweise hat Helena Parada einen präparierten Fisch in der Glas-Vitrine zur Seite gestellt. Die „Stabil Elite“-Freunde, Lucas Croon, Nikolai Szymanski und Martin Sonnensberger, lehnen an einer wild begrünten Wand im Hinterhof ihres Kellerstudios, wo alles begann. In ihrem Vintage-Look mit Sakko und Weste sehen die drei männlich-markant wie Dandys aus längst vergangenen Zeiten aus.
Am Anfang ihrer Arbeiten stehen stets die inszenierten Fotos, die Helena Parada von ihren Modellen in zwei, drei Sitzungen schießt. „Sie sind mein Fundus und dienen als Vorlage für die anschließende Bildkomposition“, erklärt sie. Nach und nach nähert sie sich den Gesichtern an, die unglaublich plastisch, aber keineswegs in fotorealistischer Manier dem Betrachter begegnen.
Neben ihren Porträts, darunter auch eines von Düsseldorfs ehemaligem Oberbürgermeister Klaus Bungert, das in der „Ahnengalerie“ im Rathaus hängt, thematisiert Parada in letzter Zeit verstärkt auch ihre koreanischen Wurzeln. So hat sie nicht nur die Freundinnen ihrer in Köln lebenden Mutter gemalt, sonder es ist auch eine Serie von „Hanbok“-Bildern entstanden.
Hanbok wird die koreanische Tracht in Südkorea genannt. Im Alltag werden die Kimonos inzwischen nur noch von älteren Frauen auf dem Land getragen. Zu Fest-und Feiertagen sowie offiziellen Anlässen allerdings erscheinen die Damen in prächtiger Tracht, die als Einzelstück oft ähnlich teuer wie ein Haute-Couture-Modell ist.
„Noch hält sich diese Tradition“, sagt Helena Parada, wohl wissend, dass die koreanische Gesellschaft zerrissen ist und im bestvernetzten Land der Welt althergebrachte Werte zunehmend verloren gehen.
Wie ein Mahnmal porträtiert die Düsseldorferin die Landestracht. Und weil diese stets eine Person repräsentiert, tragen die Bider Namen wie „Frau You“ oder „Frau Kim“. Für Helena Parada sind sie die kulturelle Brücke, die sie als Deutsch nach Asien baut.
Dagmar Haas Pilwat, Rheinische Post